JUKEBOX HIDDEN TRACKS

Jukebox in Aktion

Eine Wurlitzer Carillon Baujahr 1971 - hoppla!

Ein paar Worte zum Begriff Funktion

Nutzt man den Begriff FUNKTION, gibt es zwei wesentliche Betrachtungsweisen - auch bei einer Jukebox. Einmal , so wird das auch meist verstanden, die technische Funktion, in der Art: „Wie funktioniert das?“. Die zweite Interpretation ist eher gesellschaftlich und betriebswirtschaftlich zu sehen. Also in der Art „Welchen Zweck erfüllte eine Jukebox?“.

Funktionsbeschreibung

An keiner Stelle des Servicehandbuches wird auf die Gesamtfunktion eingegangen. Das wird einfach als „bekannt“ vorausgesetzt. Trotzdem ist das Servicehandbuch ein wunderbares Beispiel für die Genauigkeit, mit der EINZELNE Elemente / Funktionen perfekt dargestellt und erklärt werden. Für Interessierte also ein „modernes“ Blockschaltbild, wenn Sie es ganu und bebildert haben wollen, klicken Sie einfach auf das Blockschaltbild...

Funktions-Blockschaltbild, Klicken Sie für eine BeschreibungDas Blockschaltbild wurde auf der Basis der Wurlitzer Carillon erstellt, gilt aber genauso für die Hemauer Miniature de luxe.

Rote Felder:    Nutzer-Interaktion
Gelbe Felder:   In sich geschlossene (eigenständige) Funktionen
Blaue Felder:   Einzeloperationen der Jukebox

Alle gezeigten technischen Funktionen werden bei Jukebox-Funktion genau dargestellt und auch mit Bildern verständlich gemacht. Nicht gezeigt wird in dieser Übersicht der Verstärker und die Boxen. Diese werden einmal logisch zur Funktion „Abspielen“ gerechnet, gleichzeitig ist aber der Verstärker auch die Stromversorgung der Jukebox.

Ein Paar Daten zur Zeit

40er Golden Age der Jukebox (USA, Schellack)
Ende 40er Erste Singles mit 45 rpm auf dem Mark
Ab 1950 Erste Musikboxen in Deutschland
50er Silver Age der Musikboxen (Vinyl, Singles)
Mitte 50er Erste Tonbandgeräte für den Heimgebrauch
Anf. 60er Boom der Tonbandgeräte
1965 Erste Beatclub Sendung im Fernsehen
Anf. 1970 Kassettengeräte auf dem Markt
1970 Club16 im BR für Jugendliche
1981 Erste CDs auf dem Markt
2016 Insolvenz Wurlitzer Deutschland

Eher Gesellschaftliches....

Aus der heutigen Sicht – mit Musik-Dauerberieselung all-überall – müssen uns die 50er und 60er Jahre fast trostlos vorkommen. Kein IPod, kein MP3, keine Downloadmöglichkeit – nichts. Und wenn es Musik im Radio gab – dann sicher erst mal nicht für Jugendliche und deren Musikgeschmack (Rock’n Roll, Beat). Aber: nein, sie waren nicht trostlos, im Gegenteil.

Es war kein Wunder, dass die durch die GIs „mitgebrachten“ Jukeboxen einen Boom hatten. Nun war es möglich, in einer Italienischen Eisdiele, in einer Gaststätte … GEWÜNSCHTE MUSIK zu hören und noch dazu: konnte man – wenn auch limitiert durch die Vorauswahl – mitbestimmen WAS gespielt werden sollte. Ein Beispiel: Neben meiner Berufs- und Abendschule gab es eine Eisdiele. Erst durch die Anschaffung einer Jukebox wurde diese zum echten Treff nach der Schule. Die Jukebox lief heiß bis in die Abendstunden – sicher ein einträgliches Geschäft: 50 Pfennige für zwei Stones Titel, dazu ein Milchshake für 60 Pfennige….Was wollte man mehr?

Musikboxen brachten die – im Radio praktisch nicht verfügbare – Musik der Jugendlichen direkt zu Ihnen. Aber mit dem Beginn der 70er Jahre ging dieser Boom zurück – nun gab es den Club16 im BR (ab 1971 mit Thomas Gottschalk!) und man hatte ein Kassettengerät, konnte also die „Wunschmusik“ konservieren.

Und Ende der 70er Jahre begann der Abstieg der Jukeboxen. CDs erschienen ab Anfang der 80er auf dem Markt mit vollkommen neuer Klangqualität. Wurlitzer versuchte sich in diesem Trend und baute sogar Musikboxen mit CDs – aber das Ende war abzusehen. Die Eisdiele gibt es immer noch (nun in der dritten Generation) aber ohne Jukebox. Die Jugendlichen sitzen zwar immer noch dort – aber mit Blick auf ihr Smartphone und mit Stopseln im Ohr – eine Verbesserung?

Und das Geschäftsmodell dahinter?

Das Geschäft mit einer Jukebox war einträglich. Nicht nur, dass es die „Kundschaft“ in Ihrer Struktur veränderte (siehe Eisdiele in Schweinfurt) – nein, es fiel da auch „einiges ab“. Machen wir einmal ein paar Rechenbeispiele und nutzen wir der Einfachheit halber ganze DM Beträge…

Einwurf 1 DM             5 Credits, also 5 Musiktitel können gespielt werden

Die Musiktitel waren (damals auch technisch bedingt durch die Presswerke der Singles) im Vergleich zu heute ziemlich kurz. Ein üblicher Titel war oft nur knapp 3 Minuten lang, selten mehr als 4 Minuten. Das bedeutet, dass mit Einwurf der Münzen, Auswahl der Titel, Suchlauf der Maschine etwa 12 Titel in der Stunde gespielt werden konnten.

Wieder die Eisdiele: Dort lief die Musikbox von 14:00 bis 21:00, also 7 Stunden. Knapp 100 Titel waren in dieser Zeit spielbar – auf der Basis von 1 DM zum Abspielen also ein Umsatz von 20 DM am Tag oder – hoppla – 600 DM im Monat. Ich hatte am Ende der Lehre (1970) einen Stundenlohn von 4.10 DM, lag also nur unwesentlich über dieser Umsatzsumme.

Natürlich mussten die Singles ausgetauscht werden, einmal angepasst an die aktuellen „Hits“ oder auch, weil diese Singles dann „abgeschrubbt“ waren. Eine Single kostete Ende der 60er „nur“ 4 DM. Es gab aber clevere Händler, die Singles aus Automaten aufkauften und diese – gebraucht – für 1.50 bis 2 DM weiterverkauften. Zusätzlich: Ein Hit hielt sich in den 50ern und 60ern deutlich länger als heute, die Notwendigkeit eines heftigen, schnellen Austausches der Singles war gar nicht so gegeben. Beispiele?:

She Loves You, Beatles                    16 Wochen in den Top 50
Satisfaction, Rolling Stones               14 Wochen in den Top 50

Wenn man im Laufe eines Jahres also 4 Mal den Plattenkorb komplett wechselte (200 Singles) hatte man Kosten von 800 DM, denen stand eine Einnahme von mehr als 7000 DM gegenüber. Mehr als einträglich – oder? Nicht ganz. Eine regelmäßige Wartung durch einen Automatentechniker war notwendig, aber bei den Lohnkosten zu dieser Zeit sicher nicht unerschwinglich.

Dieser „Umsatzgenerator“ führte zu einer Art LEASING-WELLE. Die Lokale wurden am Umsatz beteiligt, die Kosten für Jukebox (Anschaffung), Service und Plattenaustausch übernahm eine Firma, die dann Dutzende solcher Maschinen „am Laufen“ hatte. Auch ohne ISO 9000 und Qualitätskontrolle funktionierte der Service perfekt – hier eine alte „Gerätekontrollkarte“ bei einer Wurlitzer Carillon. Jeder Servicevorgang wurde protokolliert…

Carillon mit protokolliertem Wartungseinsatz - ganz ohne ISO 9000

Wurlitzer Carillon

Wieder funktionsbereit -  Carillon Baujahr 1971So sieht das gute Stück aus und steht im Esszimmer - manchmal auch im Weg herum.

Das Manual

Ein Original-Manual aus dem Jahr 1970Nach einer Recherche im Internet konnte ich mir ein Original-Manual zu meiner Wurlitzer Carillon besorgen. Ohne das Manual wäre ich bei der Restaurierung sicher gescheitert.

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